Abgefahren: Die Textilland Explorer Tour in der Ostschweiz
[Werbung] Daß der Bodensee zu den schönsten Urlaubsregionen Europas zählt, ist nichts Neues. Daß aber das Hinterland auf der Schweizer Seite so sehenswert ist, hat mich überrascht. Im Textilland Ostschweiz, rund um die Stadt St. Gallen, im gleichnamigen Kanton und seinen Nachbarregionen Thurgau und Appenzellerland gibt es bemerkenswert viel zu sehen und zu bestaunen.
Das Team von St. Gallen Bodensee Tourismus hat in Zusammenarbeit mit seinen Nachbarorganisationen Thurgau– und Appenzellerland Tourismus eine spannende Auto-Reise-Route abgesteckt, auf der man nicht nur die Landschaft erleben, sondern in die textile Geschichte der drei Kantone „eintauchen“ kann: Die „Textilland Explorer Tour“. Ich habe mich mal auf Entdeckertour begeben.
Zunächst: Warum Textilland?
Bereits seit acht Jahrhunderten produzieren und verkaufen die Menschen in St. Gallen und der Ostschweiz Textilien. Hier wird seit jeher gegerbt, gewebt, genäht und gestickt. Oder es werden die nötigen Maschinen zur Textilproduktion hergestellt: Stickmaschinen der Firma Saurer aus Arbon im Kanton Thurgau zum Beispiel. Zum Zentrum und „Herz“ dieser Tradition entwickelte sich aber der Hauptort der Region, die heutige UNESCO-Welterbestadt St. Gallen.
Aufwendig gestaltete Erker an den Häuserfassaden der St. Galler Altstadt stammen meist aus dem 18. und 19. Jahrhundert und erinnern an die erste Blütezeit der St. Galler Textilindustrie, als Ostschweizer Textil-Kaufleute mit dem Export von Stoffen und Tüchern in alle Welt ein Vermögen machten.
Noch heute verarbeiten große Designer wie Chanel, Christian Dior, Giorgio Armani und andere Spitzen(-Produkte) aus St. Gallen. Kaum eine bedeutende Modenschau in Paris, Mailand oder New York verzichtet auf die Präsentation dieser Haute Couture. Getragen werden die Kreationen von vielen Prominenten, unter anderem von Madonna, Adele, Charlène Fürstin von Monaco, Georg Clooneys Braut Amal und Pippa Middleton, der Schwägerin von Prince William, die sich bei Ihrer Hochzeit ebenso in St. Galler Spitze hüllte, wie Michelle Obama bei der ersten Amtseinführung von Barack Obama.
Wer mehr über das Textilland Ostschweiz erfahren möchte, sollte unbedingt ein paar Tage in St. Gallen verbringen (Tipps gibt es hier) und die „Textilland Explorer Tour“ abfahren – das geht nicht nur mit dem Pkw, sondern auch mit öffentlichen Verkehrsmitteln (wir sind ja schließlich in der Schweiz!). Mit dem Postbus kommt man Gott sei Dank fast überall hin, sogar bis zum Säntis, dem „Hausberg“ der Region mit wunderbarem Rundumblick auf die Alpen und einem schicken, neuen Hotel (siehe Hotel-Tipp unten).
Es gibt zwei sehenswerte Rund-Touren, die von den Machern der Textilland Explorer Tour vorgeschlagen werden: Eine Nord-, und eine Süd-Tour, die auch als regionale Routen Teil der Grand Tour of Switzerland sind (https://textilland.ch/de/textilland-explorer-tour.html)
Jede Tour lässt sich theoretisch ganz bequem binnen eines Tages „abfahren“. Da es aber sehr viel Sehenswertes auf den Strecken zu entdecken gibt – Museen, Lehrpfade und nicht zuletzt die wunderschöne Natur – sollte man sich etwas mehr Zeit nehmen. Naturliebhaber kommen hier ebenso auf ihre Kosten, wie Technik- und Traditionen-affine Urlauber. Ich selbst bin eine Mischung aus allem, habe hier fünf Tage verbracht – und doch nicht alles gesehen.
Textilland Explorer Tour Nord
Der Routenverlauf führt von St. Gallen nach Hauptwil-Bischofszell, dann über Arbon und Heiden zurück nach St. Gallen
Zentraler Dreh- und Angelpunkt der Touren ist die Stadt St. Gallen. Hier empfehle ich unbedingt einen Spaziergang auf dem „Textilweg St. Gallen“ und zu den „Drei Weieren“ hoch oben über der Stadt (mehr Infos hier). Von dort oben hat man einen wunderschönen Blick über die Stadt bis zum 12 Kilometer entfernten Bodensee. Ein Muß ist auch das Textilmuseum, wo man sich unter anderem die Arbeit an einer historischen Handstickmaschine der Firma Saurer aus Arbon am Bodensee vorführen lassen kann. www.textilmuseum.ch
Hört doch mal rein, was Frau Weber zu erzählen hat:
O-Ton: Maria Weber führt im Textilmuseum St. Gallen eine historische Handstick- und eine Fädelmaschine vor
Anschliessend geht es mit dem Auto 20 Kilometer auf einer schönen Strecke durch die Natur – vorbei an riesigen Obstplantagen – nach Hauptwil, wo es sich lohnt, am Bahnhof den Einstieg in den Textil-Industrielehrpfad Hauptwil-Bischofszell zu nehmen. Die Geschichte der Dörfer rund um Hauptwil und Bischofszell ist eng verknüpft mit dem Textilboom der Region im Industriezeitalter. Der Weg führt seit 1995 vorbei an zeitgenössischen Gebäuden, wie dem „Spittel“ von 1735, einem sehenswerten Fachwerkbau, der als Gründungsort des „Brunschweilerschen Färbereiunternehmens“ in Hauptwil gilt. Weiter geht es durch das Tortürmchen von 1670 und vorbei am Schloss Hauptwil durch eine idyllische Landschaft bis ins „Leinwandstädtchen Bischofszell“. Informationstafeln entlang des Lehrpfads berichten vom Ausbau des Gewässersystems in der Region, das der Färberei von Leinwänden und Stoffen diente. Ein Spaziergang, der auch wegen der idyllischenNatur lohnt! http://www.st.gallen-bodensee.ch/de/finder-adventure-sgbt/industrielehrpfad
Von Bischofszell geht es nach Arbon. Hier am Ufer des Bodensees lohnt ein Besuch des Saurer Museums: Einst war die Adolph Saurer AG der bedeutendste Schweizer Hersteller von Lastwagen, Bussen und Militärfahrzeugen. Heute ist die Saurer AG einer der größten Textilmaschinenhersteller der Welt. Das Museum kündet vom Wandel der industriellen Fertigung und zeigt sowohl eine Kollektion restaurierter Fahrzeuge – zum Beispiel den 1911 gebauten und nach Brasilien exportierten „Caminhao“ – wie auch eine beeindruckende Anzahl großer Web- und Stickmaschinen. Bei Voranmeldung führen fachkundige Mitarbeiter des Museums die Maschinen vor. Eine der wohl meist verkauften Webmaschinen, die Saurer W100, ist noch heute im Museum als Frottiermaschine im Einsatz. Die hier produzierten farbenfrohen Handtücher sind im Museumsshop erhältlich! www.saurermuseum.ch
Ruedi Baer vom Oldtimer Club Saurer hat mich durch das Museum geführt. Hört doch mal rein:
O-Ton Ruedi Baer, der mich durch das Saurer Museum in Arbon führte
Von Arbon führt die Route im wahrsten Sinne des Wortes hinauf ins Appenzellerland, nach Heiden, dem schmucken Biedermeierdorf, gut 400 Meter über dem Bodensee. Von hier oben, aber auch schon von der Straße aus auf dem Weg nach Heiden, hat man einen wunderbaren Blick auf den See. Alle vier Jahre erwacht in Heiden die Biedermeier-Epoche zu neuem Leben. Anlass dazu war ein Dorfbrand 1838, welcher das ganze Dorf zerstörte. Heiden wurde danach im damals klassischen Biedermeier-Stil wieder aufgebaut. www.biedermeier.ch
Explorer Tour Süd
Der Routenverlauf führt von St. Gallen nach Appenzell, dann weiter nach Urnäsch und über Flawil zurück nach St. Gallen
Eine gute halbe Stunde fährt man von St. Gallen über Trogen nach Appenzell. Die Altstadt mit der Hauptgasse und ihren farbenfrohen alten Fachwerkhäusern ist ein Touristenmagnet in der Region. Im Museum Appenzell ist eine sehenswerte Stickerei-Sammlung mit Handstickerein aus dem Kanton Appenzell Innerrhoden untergebracht. Hier erfährt man alles über Innerrhoder Trachten, die Appenzeller Stickerei und deren Geschichte. museum.ai.ch
Zehn Kilometer weiter, in Urnäsch, kann man im Appenzeller Brauchtumsmuseum weitere textile Schmuckstücke besichtigen. Die Appenzeller Tracht zählt wegen ihrer aufwendigen Herstellung in Handarbeit zu einer der schönsten Trachten der Schweiz. In den verwinkelten Räumen des über 400 Jahre alten Hauses werden auch die „Silvesterchläuse“ gezeigt: Gruselig anmutende Grimassen und Masken, mit denen traditionell die Jahreswende gefeiert wird. www.museum-urnaesch.ch
Von Urnäsch lohnt sich ein Abstecher auf den 2502 Meter hohen Säntis, dem Hausberg der Textilland Ostschweiz Region. Auf die Schwägalp am Fuße des Bergs führt eine auch vom Postbus befahrene Straße bis zur Talstation der Säntis-Luftseilbahn. Die Säntis Bahn betreibt das 2015 neu eröffnete „Säntis – das Hotel“ (siehe Hotel-Tipp unten). Hier hatte ich ein luftig-lustiges Erlebnis: Die Schwebebahn schwebte direkt am Fenster meines Hotelzimmers vorbei. saentisbahn.ch/hotel/
Der Weg zurück nach St. Gallen führt über Flawil. Hier empfehle ich einen Besuch im Chocolarium, dem „Schokoladen-Erlebniszentrum“ des Schokoladenproduzenten Maestrani! Die 1852 gegründete Firma Maestrani ist einer der bekanntesten Schokoladen-Hersteller der Schweiz (die „Munzlis“ sind berühmt). 2003 wurden Verwaltung und Produktion von St. Gallen nach Flawil verlegt. Im 2017 eröffneten Chocolarium können Schoko-Fans in die Produktionshallen schauen, lernen, wie Schokolade hergestellt wird und – natürlich – Schokolade probieren, und zwar soviel, wie man möchte (!) Ein Schoko-Paradies nicht nur für Kinder. www.chocolarium.ch
Frau Nagel erklärt, was den Besucher des Chocolariums in Flawil erwartet:
O-Ton Frau Nagel im Chocolarium des Schokoladenherstellers Maestrani in Flawil
Und wo kann man übernachten? Drei Hotel-Tipps:
1. Bad Horn Hotel & Spa
Wer gerne direkt am Bodensee übernachten möchte, gepflegten 4-Sterne-Service zu schätzen weiß und gerne in einem Zimmer mit direktem Blick aufs Wasser wohnt, bucht am besten hier. Das einzige 4-Sterne-Hotel am Schweizer Bodenseeufer verfügt über einen 1500 m2 großen Spa und eine hoteleigene Ausflugsyacht im Stil der legendären Wooden-Yachts der 30er Jahre. https://www.badhorn.ch/
Hier der Sonnenaufgang-Blick aus meinem Zimmer:
Hört doch mal rein, was Hoteldirektor Stephan Hinny zu erzählen hat:
O-Ton Hoteldirektor Stephan Hinny, Bad Horn Hotel & Spa
2. Säntis – das Hotel
Top-Modernes 3-Sterne-superior Hotel auf der Schwägalp direkt an der Säntis-Bahn. 2015 eröffnet und für Schweizer Verhältnisse recht günstig. Zimmer mit Blick auf den Säntis. Nicht erschrecken, wenn die Schwebebahn direkt am Zimmer vorbeischwebt. Absolut sehenswert! Wer die Ruhe der Berge sucht, ist hier auf der Schwägalp genau richtig. Keine Durchgangsstraße. Nachts ist es absolut ruhig. Idealer Ausgangspunkt für alpine Wanderungen. https://saentisbahn.ch/hotel/
Hier rauscht die Schwebebahn an meinem Bett vorbei:
Marketing-Chef Andreas Marty erzählt mehr über das Hotel:
O-Ton Andreas Marty, Säntis – Das Hotel
3. Hotel Hof Weissbad
Hotel mit sehr schönem Garten, ausgezeichnetem Frühstück, schicken, modernen Bädern und Klinik-Anbindung. Motto „Wenn Ihnen 5 Sterne zu viel und vier Sterne zu wenig sind“. Viele Kur- und Reha-Gäste. www.hofweissbad.ch/
Meine Textilland Reise wurde von St. Gallen Bodensee Tourismus unterstützt. Redaktionellen Einfluß gab es nicht. Vielen Dank!
Weitere Infos zum Textilland und der Textilland Explorer Tour gibt es hier: https://textilland.ch/
Journalist, Hörfunk-Autor, Podcast-Betreiber, Texter, Travel- und Hotel-Blogger, Fotograf und Content Creator
LinkedIn – kress – Xing – ApplePodcasts – GooglePodcasts – Spotify
Auch interessant:
St. Gallen und der Stoff, aus dem die Träume sind
Von Bündnerfleisch und Klimawandel: Ein Besuch bei Jörg Brügger in Parpan
Gerd Reber und das Birnenbrot – eine Begegnung im Waldhotel National